Mama mag nicht mehr!
Wann ist zu viel zu viel? Ein Newsletter über die Wege in, aber vor allem aus dem Eltern-Burnout.
Unser SAND-Status seit der letzten Ausgabe:
Notbetreuung: Bei Lisa ZUM GLÜCK keine, das wäre der Super-GAU gewesen. Bei Franzi ist fast die ganze Winterzeit Notbetreuung in der Kita.
Nervenzusammenbrüche: Lisa hat aufgehört zu zählen. Die letzten drei Wochen waren ein einziger Nervenzusammenbruch.
Sand Zuhause: Fast keiner, da wir an den Wochenenden statt Spielplätzen lieber Museen unsicher gemacht wurden.
Diesen Newsletter schreibe ich, Lisa, mal wieder kurz vor knapp. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, unsere letzte Ausgabe von SAND zeitig zu beginnen. Die Social Media Beiträge wollte ich vorproduzieren und -planen und in eine entspannte letzte Woche vor den Weihnachtsferien gehen. Pustekuchen. Angesichts der vergangenen Wochen frage ich mich rückblickend, wie ich überhaupt auf die Idee kommen konnte, dass mir das gelingt.
Die vergangenen drei Wochen habe ich alleine mit zwei Kindern bestritten – und ich war mehrere Male kurz davor, die Nerven zu verlieren. Es gab einen Moment, in dem ich den Stress greifen konnte: Ich stehe im Flur unserer Wohnung, natürlich halb nackt. Nach der inzwischen schon zur Normalität gewordenen Blitz-Dusche bin ich aus dem Bad gehetzt, um sicherzugehen, dass die Kinder in meiner Abwesenheit nicht die Bude abgefackelt haben. Da höre ich Polly aus dem Kinderzimmer nach mir schreien und in diesem Moment durchfährt mich ein Schauer … oder eher ein Kribbeln, fast schon schmerzhaft. Er wandert von meinem Scheitel nach unten bis in die Zehenspitzen und alles, was ich in diesem Moment denken kann, ist „Nein, ich kann nicht mehr. Ich mag nicht mehr“. Spoiler: Sie wollte nicht, aber sie musste. Was auch sonst? Ich habe mich einmal geschüttelt, kurz durchgeatmet und innerlich bis zehn gezählt und bin dann zu Polly ins Zimmer gegangen.
Tränen, Schweiss und Kinderohren auf Durchzug
Als Eltern kommt man immer wieder an die eigenen Grenzen, die körperlichen und die emotionalen. Alleine auf das körperliche Wohlergehen eines oder mehrerer kleiner Kinder zu achten, ist viel Arbeit. Die emotionale Komponente legt sich dann noch wie eine schwere Decke darüber. Das klingt jetzt alles sehr dramatisch. Natürlich hatte ich auch größtenteils wunderschöne Momente. Wir waren im Museum und bei Kita-Freund*innen, wir haben gebastelt und gemalt, gesungen und getanzt. Es wurde viel gekuschelt und vorgelesen und unter der Woche war Polly tagsüber in der Kita. Aber es gab eben auch vieeeel Diskussion, Verweigerung und Grenzen wurden bis zum Erbrechen getestet. Es gab schlechte Tage mit vielen Tränen und Ohren, die auf Durchzug gestellt waren. Und dann war da noch ein Baby, das immer nuckeln wollte und alle Essensangebote ablehnte, weil Zähnchen kamen. Nächtliche Albträume und Tränen. Überhaupt Nächte, die, wenn ich Glück hatte, mal drei Stunden durchgehenden Schlaf für mich bereithielten. Im Schnitt habe ich in dieser Zeit etwa fünf bis sechs Stunden geschlafen, mit Unterbrechungen.
Ich habe Verabredungen vergessen, Mails nicht beantwortet, Geburtstage verpennt, Abgaben versäumt und mich in allen Belangen hinten angestellt. Stellenweise habe ich mich nicht wiedererkannt und es gab Tage, da habe ich es nur noch geschafft, mit Etti auf dem Boden zu sitzen und die Wand anzuschauen.
Wenn mein Zustand zur Normalität wird und Überforderung (körperlich und emotional), wie ich sie stellenweise erlebte, die Oberhand gewinnt, ist die Gefahr sehr hoch, in einen Eltern-Burnout zu rutschen. Es ist ein Syndrom, das gesellschaftlich noch nicht ernst genug genommen wird. Von Eltern wird noch immer verlang, dass sie sich mit einem Lächeln im Gesicht für ihre Kinder aufopfern und ihren Bedürfnissen hinten anstellen. Vor allem Frauen bzw. Mütter sind betroffen, weil (look at us!) sich den gesellschaftlich-patriarchalen Strukturen entziehen gar nicht mal so leicht ist, sodass am Ende doch meistens das alte Rollenklischee vom arbeitenden Mann und der Mutter in Teilzeit gelebt wird. Ein Burnout entsteht nämlich nicht nur aus der persönlichen Überforderung heraus. Er hat seine Wurzeln zu einem Großteil darin, dass man dem Bild, das man von sich selbst hat, nicht entsprechend kann und sich für etwas aufopfert, das man sich ganz anders vorgestellt hat. Leider wird unser Selbstbild sehr aus gesellschaftlichen Rollenansprüchen geformt. Und hier haben wir den Salat.
Doom-Scrolling bis zum Burnout
Was mir auch nicht geholfen hat in dieser Zeit: Auf Social Media wurde ich geflutet von Videos und Fotos von Müttern und Paaren, die ihre Kindererziehung anscheinend nebenher wuppen und dabei noch eine geile Karriere hinlegen. Es gab Abende, da war ich wirklich einfach nur noch frustriert und habe meinen kompletten Lebensentwurf hinterfragt, nur um daraufhin von einem schlechten Gewissen geplagt zu werden. Denn ich liebe meine Kinder, logo.
Ich hatte kein Eltern-Burnout, da bin ich mir sicher. Ich war aber gestresst, genervt, übermüdet und im Eimer und habe eine Ahnung davon bekommen, wie es sich anfühlen muss, solche eine Überforderung immer zu fühlen. Ich hatte zudem auch Unterstützung, von der viele nur träumen können und bin mir dessen sehr bewusst. Doch wenn es mir vor diesem Hintergrund schon so schlecht ging, kann man sich ausmalen, wie fatal ein Eltern-Burnout für alle Beteiligten des Familiensystems ist. Ich schreibe diese Zeilen nach dem so lang ersehnten Ende dieser Überforderung. Mein Freund ist zurück und ich habe endlich wieder Support. Vielen Eltern ist dieses Durchatmen aber nicht vergönnt. Weil sie alleinerziehend sind, weil sie pflegen oder selbst krank sind, weil sie keine Unterstützung von der Familie haben oder finanzielle Sorgen. Es gibt so viele Gründe und ebenso viele Lebensrealitäten, die wir als Gesellschaft nicht anerkennen und sehen (wollen) und die infrastrukturell (Erzieher*innenmangel) und politisch (Elterngeld. Kindergrundsicherung. Unterhaltsvorschuss-Defizite) nicht aufgefangen werden. Mit den Festtagen vor der Tür wartet noch mal eine große Extraportion Mental Load.
Lustigerweise … lustig, haha, aber ja, es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ich habe mir dieses Newsletter-Thema schon vor einiger Zeit überlegt, mit Hinblick auf die Feiertage und das baldige Jahresende. Wie aktuell und persönlich ich mir dann noch mal meine Portion Jahresend-Stress abholen darf, daran habe ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht gedacht. Ich bin mir sicher, dass sich gerade viele angesprochen fühlen und wir mit euren Erfahrungen ganze Bücher füllen könnten. Denn natürlich ist das Jahresende eine Zeit, in der man zur Ruhe kommen und sich ein wenig vom sozialen und beruflichen Stress erholen kann. Aber Familie ist eben auch viel (emotionale) Arbeit und manchmal hilft es zu hören, dass man nicht allein ist mit dem ganzen Knatscht.
Anstatt euch jedoch jetzt mit Quality-me-time-Lügen um die Ecke zu kommen, die sich schneller auflösen, als eine Badekugel in der Wanne, möchte ich euch das Gefühl geben, dass ihr gesehen werdet.
Und warum? – Ein Gespräch über Wege in und vor allem aus dem Eltern Burnout mit Annika Haffke von HelloBetter
Als ich vergangenes Jahr während meines Erstgespräches für eine Psychotherapie ein Rezept für eine Entspannungsapp erhalten habe, war ich reichlich verwirrt. Das geht? In Deutschland? Auf Kasse? Und vor allem: es hilft? Ja, ja, ja und ja. Entsprechende Apps und Online-Therapie sind etablierte Komponenten in unserem Gesundheitssystem, die sich bewiesen haben. Gerade die Online-Therapie ist so wichtig, wenn man an die Wartezeiten auf einen Therapieplatz und die viel zu knapp bemessenen Kassensitze für psychotherapeutische Praxen denkt.
HelloBetter gehört zu den weltweit führenden Anbietern evidenzbasierter digitaler Medizinprodukte. HelloBetter wurde u.a. von Dr. Hanne Horvath, Dr. Elena Heber, Prof. Dr. David Daniel Ebert und Hannes Klöpper gegründet und beschäftigt inzwischen rund 20 Psychologische Psychotherapeut*innen und Psycholog*innen. Eine davon ist Annika Haffke, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. Sie arbeitete mehrere Jahre in einer sozialpsychiatrischen Praxis und arbeitet bei HelloBetter im Content und Research Team.
Für SAND hat sie mir meine Fragen rund um Eltern-Burnout beantwortet. Vor allem die Warnsignale, erfolgreiche Wege aus dem Elter-Burnout und die Prophylaxe haben wir uns genauer angeschaut.
Ist Eltern-Burnout eine offizielle Diagnose?
Nein, Eltern-Burnout ist keine offizielle Diagnose. Auch Burnout ist keine klassifizierte psychische Erkrankung, sondern fällt offiziell unter die Kategorie „Zusatzdiagnosen”. Burnout wird per Definition als Erschöpfungszustand im beruflichen Kontext verstanden. Viele Fachleute sind sich jedoch einig, dass es sich bei Burnout nicht zwangsläufig um eine Erwerbstätigkeit im engeren Sinne handeln muss. Auch Personen, die Care-Arbeit leisten, insbesondere Eltern, können ein Burnout entwickeln. Das ist auch bei genauerer Betrachtung sinnvoll. Schließlich bestehen viele Ähnlichkeiten zwischen einer Care-Arbeit und sozialen und pflegerischen Berufen – genau jenen Berufsgruppen, die häufig von Burnout betroffen sind.
Wie äußert sich ein Eltern-Burnout?
Eltern-Burnout bezeichnet einen Zustand der anhaltenden Erschöpfung und Überlastung in der Elternrolle. Viele Eltern erleben gelegentlich Momente, in denen sie sich müde und energielos fühlen. Bei einem Eltern-Burnout handelt es sich jedoch nicht um einzelne Augenblicke oder Tage, sondern um einen dauerhaften Erschöpfungszustand. Dies kann mit dem Gefühl der Überforderung einhergehen und dem Gefühl, den Erwartungen und Anforderungen des Elternseins nicht gerecht werden zu können. Um die eigenen inneren Akkus zu schonen, ziehen sich viele Eltern als Folge körperlich oder auch emotional von ihren Kindern zurück – es kann sogar ein Gefühl der Entfremdung entstehen. Dieser Rückzug ist dabei oft der Versuch, Energie zu sparen und die eigenen Kräfte zu schonen. Auch die Realität und die Vorstellung davon, wie man eigentlich als Eltern sein wollte, können plötzlich weit auseinanderklaffen. Mit diesem Kontrast, der Erschöpfung und Überforderung gehen dann oft Selbstzweifel, Scham- und Schuldgefühle einher.
Wie viele Eltern sind in Deutschland schätzungsweise betroffen?
Dadurch, dass es sich bei Eltern-Burnout nicht um eine offizielle Diagnose handelt und es damit auch keine klaren Diagnosekriterien gibt, ist eine Schätzung schwierig. Es gibt in den letzten Jahren jedoch vermehrt Forschung zum Thema Eltern-Burnout. So entwickelte die belgische Psychologin Dr. Isabelle Roskam gemeinsam mit ihren Kolleg:innen eine Methode zur Messung des Burnouts bei Eltern, das sogenannte Parental Burnout Assessment. Eine Studie, die dieses Instrument nutzte, geht davon aus, dass die Prävalenz von Eltern-Burnout in Deutschland bei 1-2% liegt.1
Überlastung, erhöhter Stress, Erschöpfung und Energielosigkeit sind unter Eltern aber deutlich häufiger. Einer repräsentativen Umfrage zufolge fühlt sich etwa jedes vierte Elternteil in Deutschland (28% der Mütter und 21% der Väter) sehr oder extrem erschöpft und energielos. 2
Woran liegt es, dass dieses Syndrom vor allem in westlichen Gesellschaften verbreitet ist?
Studien weisen darauf hin, dass Eltern aus eher individualistischen (typischerweise westlichen) Ländern eine höhere Rate von Eltern-Burnout aufweisen. Das kann mehrere Gründe haben. Besonders in westlichen Ländern erleben viele Eltern vermehrte Erwartungen, die sich teilweise auch widersprechen. Eine häufig erlebte Erwartung ist, dass Eltern ihre Kinder bedürfnisorientiert erziehen und ihre eigenen Bedürfnisse hinten an stellen sollten. Gleichzeitig sollen sie aber auch Zeit für sich selbst, für persönliche und berufliche Weiterentwicklung und die Paarbeziehung haben. Sie sollten ihre Kinder gezielt fördern - aber bitte ohne sie zu überfordern. Stets geduldig, liebevoll und gelassen sein. Das kann Druck erzeugen. Und genau dieser hohe Leistungsdruck, Perfektionismus und Stress können ein Eltern-Burnout begünstigen. Auch eine geringere familiäre Unterstützung kann ein Grund für die höheren Eltern-Burnout-Raten in westlichen Ländern sein.
Was sind die Gründe für Eltern-Burnout?
Ein Burnout kann dort entstehen, wo chronischer Stress vorliegt – sprich, wo dauerhafte Belastung nicht mehr ausreichend verarbeitet werden kann und Erholungspausen fehlen. Und genau das beschreibt den Alltag von Eltern oft gut. Elternsein kann Energie kosten und hat weder Krankheitstage noch Ferien.
Hinzu kommt, dass viele Familien nicht nur mit den alltäglichen Aufgaben zu schaffen haben, sondern es zusätzlich besondere belastende Umstände geben kann. Zum einen können das Dinge sein, die das Kind betreffen – beispielsweise Erkrankungen oder Schwierigkeiten in der Schule. Zum anderen können auch auf Seiten der Eltern erschwerende Umstände herrschen, wie etwa alleinerziehend zu sein, finanzielle Engpässe oder selbst an einer Erkrankung zu leiden. Auch Geschwisterrivalitäten oder Streit in der Beziehung können die Gefahr eines Eltern-Burnouts erhöhen.
Haben sich die Umstände, die so ein Syndrom hervorrufen, in den letzten Jahren (Jahrzehnten) verändert bzw. haben Sie das Gefühl, dass die Zahlen der Eltern, die „nicht mehr können“ gestiegen ist?
Was aus Sicht vieler Eltern gestiegen ist, sind die Erwartungen, die an Eltern gestellt werden. Immer Ruhe bewahren, ausgewogen kochen, stets Ordnung halten und dabei noch die eigene Karriere vorantreiben. In immer mehr Familien gehen beide Eltern einer Erwerbstätigkeit nach, gleichzeitig wohnen weniger Menschen in der Nähe ihrer Familie und haben dadurch auch weniger familiäre Unterstützung, z. B. in der Kinderbetreuung. All das sind Umstände, die Belastungen und Stress und damit letztendlich auch das Risiko für ein Eltern-Burnout erhöhen können.
Ist das Burnout der Eltern ein neues Phänomen oder wurde es damals schlicht nicht als Störung erkannt?
Burnout ist bis heute keine klassifizierte psychische Erkrankung und wurde lange Zeit als Phänomen im Arbeitskontext – als „Manager-Krankheit” – verstanden. Dabei wissen viele Eltern nur zu gut, dass die sogenannte Care-Arbeit (also das Kümmern und Großziehen der Kinder) oft mindestens genauso kräftezehrend, körperlich und emotional anstrengend ist wie jeder Bürojob. Mittlerweile sind sich viele Expert:innen einig, dass Burnout auch Eltern betreffen kann – aber das war nicht immer so.
Wie erkennen Eltern, dass sie in ein Burnout rutschen und was können sie dagegen tun? Kündigen ist ja keine Option.
Genau, Eltern können sich von der Kinderbetreuung nicht krankmelden oder als Eltern kündigen. Die inneren Akkus sind also quasi permanent beansprucht. Genau deshalb ist es so wichtig, sich im Alltag immer wieder Momente zu schaffen, in denen jedes Elternteil die eigene innere Batterie aufladen kann. In manchen Familien kann das bedeuten, einen festen Nachmittag zu bestimmen, an dem man nicht für die Kinderbetreuung zuständig ist (wirklich gar nicht). Es muss aber auch gar nicht ein ganzer Nachmittag oder Abend sein. Manchmal helfen auch bereits 30 – 60 Minuten Auszeit, in denen man die Zimmertür schließen oder die Wohnung verlassen kann, um wieder etwas Energie zu tanken. Ob man dann in dieser Zeit eine Entspannungsübung, ein Nickerchen oder einen Abstecher in die sozialen Medien macht, ist nicht wichtig. Es gilt: Auszeit ohne Reue und ohne vermeintlich produktiv sein zu müssen. Alles, was die inneren Akkus gerade auflädt – oder zumindest nicht weiter entlädt – ist erlaubt.
Für alleinerziehende Eltern kann es natürlich besonders schwierig sein, diese Auszeiten umzusetzen. Ein Netzwerk aus Freund:innen, Familie oder anderen Alleinerziehenden, die bei Bedarf einspringen können, kann hier helfen. Aber nicht nur für Alleinerziehende ist an der Weisheit „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf” etwas dran. Die Unterstützung von Familie, Freund:innen oder Nachbar:innen kann enorm entlasten und einem Eltern-Burnout vorbeugen. Und auch, wenn Oma, Opa, Tante oder Onkel nicht in unmittelbarer Nähe wohnen, ist es für Eltern oft möglich, das eigene Netzwerk oder „Dorf” zu erweitern. Durch Fahrgemeinschaften, geteilte Einkaufslisten, Playdates am Wochenende oder Babysitten am Abend können befreundete Familien Synergien schaffen und sich so gegenseitig immer wieder kurze Zeit zum Aufladen ermöglichen.
Solche Tipps haben aber natürlich auch ihre Grenzen. Wenn Eltern sich sehr erschöpft und ausgebrannt fühlen und merken, dass ihre eigenen Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen, ist es wichtig, sich Hilfe von Expert:innen zu suchen. Professionelle Hilfe und Beratung bieten z. B. Familienzentren und Erziehungsberatungsstellen an. Auch die Hausarztpraxis kann eine erste Anlaufstelle sein, um zu entscheiden, ob zum Beispiel eine Eltern-Kind-Kur oder Psychotherapie in Frage kommen könnte.
Haben eher Eltern von kleinen Kindern Eltern-Burnout?
Ja, Eltern von kleineren Kindern erleben häufiger ein Eltern-Burnout.3 Dies erscheint auch insofern naheliegend, da Kinder besonders in den ersten Lebensjahren rund um die Uhr betreut werden müssen, es oft an Zeit, Schlaf und Energie fehlt. Generell kann ein Eltern-Burnout aber auch Eltern ältere Kinder treffen. Während sich bei Eltern kleinerer Kinder oft eine körperliche Erschöpfung zeigt, kann gerade bei älteren Kindern oder Teenagern auch eine emotionale Erschöpfung im Vordergrund stehen.
Welche Folgen kann ein unbehandelter Eltern-Burnout haben?
Wenn ein Burnout unbehandelt bleibt und Stress, Erschöpfung und Überforderung anhalten, sinkt nicht nur die Lebensqualität, sondern auch das Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen steigt. So können sich zum Beispiel depressive Erkrankungen, Schlaf- oder Angststörungen entwickeln.
Welche Risiken bestehen für die Familie und ggf. die Beziehung?
Ein unbehandeltes Eltern-Burnout kann sich natürlich auch negativ auf die ganze Familie auswirken. Überforderung und Stress können zum Beispiel zu vermehrten (Paar-) Konflikten führen. Eine kürzere Zündschnur, Gereiztheit oder Energielosigkeit können das Familienleben belasten. Genau deshalb ist eine frühzeitige Behandlung bzw. frühzeitige Prävention so wichtig. Nur wenn es den Eltern selbst gut geht, können sie auch für andere da sein. Es ist wie im Flugzeug: „Im Notfall sollten Eltern sich zuerst die Sauerstoffmaske aufziehen, bevor sie ihren Kindern helfen.“ Wer auf sich selbst und seine Bedürfnisse achtet, hilft letztlich nicht nur sich selbst, sondern auch der ganzen Familie.
Sind eher Frauen oder eher Männer gefährdet, einen Eltern-Burnout zu bekommen?
Das Risiko eines Eltern-Burnout ist bei Frauen höher. Ein Grund hierfür kann sein, dass immer noch Mütter in vielen Fällen den Hauptteil der Care-Arbeit leisten und durch einen höheren Mental Load belastet sind.4
Warum ist Stress so gefährlich für die (mentale) Gesundheit?
Nicht jede Art von Stress ist per se gesundheitsschädlich. Akuter – also kurz andauernder – Stress kann uns im Gegenteil sogar leistungsfähiger machen. Einen Einfluss haben dabei unsere Stresshormone Kortisol und Adrenalin. Sie sorgen dafür, dass unser Körper eine extra Portion Energie bereitstellt und für Widerstandsfähigkeit, Energie und Konzentration. Jedoch nur für kurze Zeit – langfristig bewirken sie genau das Gegenteil: Sie schwächen unsere Gesundheit. Wenn der Stresshormonspiegel dauerhaft erhöht ist, kann das Risiko für verschiedene Erkrankungen wie Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder Magen-Darm-Beschwerden steigen und das Immunsystem geschwächt werden. Auch für viele psychische Erkrankungen wie Burnout, Depressionen, Schlafstörungen oder Angsterkrankungen ist dauerhaft erhöhter Stress ein Risikofaktor.
Wie kann HelloBetter bzw. eine Online-Therapie bei Burnout helfen?
Das Online-Therapieprogramm HelloBetter Stress und Burnout, das auf der kognitiven Verhaltenstherapie beruht, bietet wirksame kostenfreie Soforthilfe bei Burnout. In acht abwechslungsreichen und interaktiven Kurseinheiten können Eltern, aber auch alle anderen Burnout-Betroffenen, bewährte Stressbewältigungsstrategien erlernen. Dazu gehört zum Beispiel, wieder mehr für Erholung und kraftgebende Aktivitäten zu sorgen, Herausforderungen systematisch anzugehen oder einen hilfreichen Umgang mit Gefühlen zu erlernen. Eine ausgebildete Psychologin oder ein ausgebildeter Psychologe aus dem HelloBetter Team gibt nach jeder Einheit ein schriftliches Feedback und steht auch zwischen den Einheiten als Ansprechperson zur Verfügung.
Warum bietet sich vor allem diese Art der Therapie für Familien bzw. Eltern an?
Für viele Eltern hat der Tag standardmäßig zu wenig Stunden, um überhaupt alle To-dos und Termine zu koordinieren und abzuarbeiten. Ein fester Termin in der Woche für eine klassische Psychotherapie ist deshalb für viele Eltern schwierig zu realisieren. Hinzu kommen volle Wartelisten und – je nach Region – lange Fahrtwege in eine psychotherapeutische Praxis. Genau hier bieten die psychologischen Online-Therapieprogramme von HelloBetter viele Vorteile. Sie lassen sich flexibel in den Alltag integrieren und sind von keiner Tageszeit, keinem festen Termin oder Ort abhängig. Eltern können das Online-Therapieprogramm ganz einfach auf dem Laptop, Tablet oder Smartphone in ihrem eigenen Tempo durchlaufen.
Welche Therapieangebote finden Eltern bei HelloBetter und welche Therapieform hat sich bei etwa Burnout als erfolgreich erwiesen?
HelloBetter bietet Online-Therapieprogramme für unterschiedliche psychische Beschwerden an. Neben HelloBetter Stress und Burnout gibt es Online-Therapieprogramme bei Panikattacken, Schlafstörungen, chronischen Schmerzen, Vaginismus und Dyspareunie sowie depressiven Beschwerden bei Diabetes.
Kognitiv-behaviorale Programme weisen die höchste Wirksamkeit zur Stressbewältigung auf. Alle Online-Therapieprogramme von HelloBetter basieren auf der kognitiven Verhaltenstherapie.5
Übernimmt die Krankenkasse die Therapie? Denn vor allem finanzielle Belastung spielen bei einem Burnout ja oft eine Rolle.
Die als Digitale Gesundheitsanwendungen (kurz DiGA) zugelassenen Online-Therapieprogramme von HelloBetter können sich Betroffene kostenfrei von Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen verordnen lassen. Alle gesetzlichen und viele private Krankenkassen tragen damit 100% der Kosten.
Wie ist der Ablauf einer Therapie bei HelloBetter und worin unterscheidet sie sich zu einer Therapie bei einer*einem Psych. Psychotherapeut*in oder Psycholog*in?
Der erste Schritt ist, sich von Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen ein Rezept für eine Digitale Gesundheitsanwendung von HelloBetter ausstellen zu lassen. Das Rezept kann im Anschluss direkt bei der eigenen Krankenkasse oder über den HelloBetter Rezeptservice eingereicht werden (dann übernehmen wir die weitere Kommunikation mit der Krankenkasse). Als nächstes erhalten die Teilnehmenden von ihrer Krankenkasse einen Freischaltcode, mit dem sie direkt über Laptop, Smartphone oder Tablet in das Therapieprogramm starten können.
Jedes Online-Therapieprogramm von HelloBetter besteht aus mehreren Einheiten, die die Teilnehmenden selbstständig in ihrem Tempo durchlaufen. Mithilfe von Videos, Audios, Texten und interaktiven Übungen werden in den Einheiten wirksame Strategien der kognitiven Verhaltenstherapie vermittelt. Nach jeder Einheit erhalten die Teilnehmenden von der psychologischen Begleitung ein schriftliches Feedback und können sich auch bei Fragen jederzeit zwischen den Einheiten an diese Ansprechperson wenden.
Außerdem beinhaltet das Therapieprogramm ein Online-Tagebuch, regelmäßige Symptomchecks, einen Aktivitätenplaner und die sogenannte BetterBox, in der Teilnehmende bereits erlernte Strategien zum Üben wiederfinden.
Wo sind die Grenzen von Online-Therapie und wann sollte man sich stationäre Hilfe suchen?
Die Online-Therapieprogramme von HelloBetter sollten nicht bei akuter Suizidalität angewendet werden. In diesem Fall sollte eine ärztliche und/oder psychotherapeutische Einschätzung eingeholt und in Krisensituationen unmittelbar die Notfallnummer 112 kontaktiert werden. Je nach Therapieprogramm gibt es weitere sogenannte Kontraindikationen, die in einem ärztlichen oder psychotherapeutischen Gespräch immer individuell abgeklärt werden sollten.
Ein stationärer Aufenthalt kann, in ärztlicher oder psychotherapeutischer Absprache, z. B. bei sehr starken Beschwerden und Einschränkungen im Alltag sinnvoll sein. Ein Online-Therapieprogramm kann dann ggf. im Anschluss angewandt werden, um Rückfällen vorzubeugen oder die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken.
Wie verhindern Eltern, nach einer Therapie wieder in alte Verhaltensmuster zu fallen? Bzw. würde sich dann nicht auch eine Systemische Therapie anbieten, damit alle Familienmitglieder auf einer Informationsebene stehen?
Sowohl in der Psychotherapie als auch in den Online-Therapieprogrammen von HelloBetter findet eine sogenannte Rückfallprophylaxe statt. Eine Rückfallprophylaxe unterstützt Betroffene darin, die erlernten Strategien langfristig in den Alltag zu implementieren, eigene Frühwarnzeichen zu kennen und sich einen Plan für schwierige Zeiten zu machen.
Woran kann ich als Freund*in erkennen, wenn es einem befreundeten Elternteil nicht gut geht und wie kann ich helfen?
Überforderung ist oft immer noch ein Tabuthema unter vielen Eltern. Dabei kann es bereits enorm entlasten, mit anderen über die eigene Erschöpfung, Gereiztheit, Ungeduld oder fehlende Erfüllung in der Elternrolle zu sprechen. Ein offenes und ehrliches Nachfragen kann hier helfen. Statt „Wie geht es den Kindern?” oder „Wie läuft die (Erwerbs-) Arbeit”, kann ein „Wie geht es DIR eigentlich gerade wirklich?” helfen. Auch das Sprechen über eigene Herausforderungen oder Gefühle kann Türen öffnen und dazu führen, dass sich Eltern dann vielleicht trauen, über ganz ähnliche Gefühle oder eigene Selbstzweifel zu sprechen.
Je nach eigenen Kapazitäten können Freund:innen helfen, indem sie für Entlastung sorgen. Das kann vielleicht bedeuten, den Wocheneinkauf oder an einem Abend das Kochen zu übernehmen oder das Kind an einem festen Tag von der Kita abzuholen. Auch das gemeinsame Recherchieren oder Aufzeigen von Hilfsangeboten kann unterstützen.
Abschließend: Wie hoch ist die therapeutische Erfolgsquote?
Studien zur Wirksamkeit von HelloBetter Stress und Burnout konnten zeigen, dass 61.4 % der Teilnehmenden nach Abschluss des Programms eine klinisch relevante Verbesserung der Stressbeanspruchung zeigten. Nach 6 Monaten waren es sogar 77.3 %. Fast 60% zeigten nach 6 Monaten keine Symptome mehr.
Vielen Dank für die tollen Antworten und deine Expertise!
Und falls ihr gerade schwimmt, findet ihr hier Hilfe
Wenn ihr euch überfordert fühlt oder mal nicht weiter wisst, holt euch Hilfe. Es ist absolut legitim und wichtig! Und dafür müsst ihr euch auf keinen Fall schämen oder denken, ihr würdet versagen. Wir sind nur Menschen und wir alle haben unsere Grenzen.
Teilt euch Freund*innen mit. Sagt ihnen, wie es euch geht und was euch belastet. Gemeinsam könnt ihr evtl. schon einige Knoten lösen. Ein Blick von außen kann außerdem dabei behilflich sein, sich weitere Hilfe zu suchen.
Googlet die Familienberatungsstellen öffentlicher Träger in eurer Stadt / eurer Kommune. Schlagworte sind „Sozialpädagogische Familienhilfe“, „Elternberatung“, „Familienberatung“ oder „Kinder Eltern Nothilfe“.
Euer Jugendamt kann euch ebenfalls (auch anonym) unvoreingenommene Hilfestellung geben. Ihr müsst keine Angst haben, dass ihr dann auf deren Kieker seid!
Hier gibt es eine Auflistung aller Schreiambulanzen in Deutschland.
Für Mütter und Väter, die nicht mehr können, setzt sich die Stiftung des Müttergenesungswerk ein. Sie berät und vermittelt Mutter- bzw. Vater-Kind-Kuren.
Der*die Hausarzt*in ist immer eine der ersten Anlaufstellen, wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr therapeutische Unterstützung braucht.
Wenn es akut ist, ist die Telefonseelsorge rund um die Uhr unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 22224 anonym für euch erreichbar.
Gelesen, gelikt und nachgedacht …
Am Freitag waren wir bei der Live-Podcastaufnahme der neuen Folge vom Mamalauda Podcast. Gästin war die Podcasterin Leila Ziaabadi aka Leila Lowfire und es ging um das explosive Thema Geschlechtsverkehr (ich weiß gerade nicht, ob wir für das S-Wort hier geblacklistet werden, haha) und es wurde wirklich kein Blatt vor den Mund genommen. Gut so, denn gerade diese Topic birgt viel Druck- und Streitpotenzial in Beziehungen. Die Folge gibt es ab heute überall, wo es Podcasts gibt!
Auf dem Insta-Kanal von Deutschlandfunk bin ich quasi vor fünf Minuten über ein Video gestolpert, das Weaponized Incompetence, zu Deutsch strategische Imkompetenz, zur Weihnachtszeit thematisiert. Hierbei handelt es sich um ein Verhalten, bei dem eine Person absichtlich an einer Aufgabe scheitert oder sie mangelhaft erledigt, sodass sie beim nächsten Mal nicht mehr dafür zuständig bzw. damit beauftragt wird. Jo Lücke hat das Phänomen hier sehr treffend und ausführlich beschrieben. Weaponized Incompetence ist ein Treiber für Mental Load und befeuert die Ungleicheit in Beziehungen. Es lohnt sich, sich hiermit mal genauer zu beschäftigen – nicht nur zur Weihnachtszeit.
Ja, ich möchte hier eine Lanze dafür brechen, nicht zu perfektionistisch zu sein und sich mehr Arbeit aufzubürden, als nötig. Aber wie toll ist diese Kamindeko (die auch ohne Kamin funktioniert) und wer möchte jetzt direkt eine Papier-Kette basteln? Genau, ich. Mist.
Beschäftigt hat mich dieser Tage auch das Deutsche Schulbarometer 2024. Unsere Töchter sind noch in der Kita, aber ich habe schon jetzt manchmal Anst vor dem ganzen Leistungsdruck, der auf diesen kleinen Schultern lasten wird, sobald die Schule beginnt und vor allem geopolitische Zusammenhänge und Krisen oder Themen wie der Klimawandel in den Fokus rücken und besser verstanden werden. Auch die kleinsten haben schon so viele Sorgen und Lasten am Hacken … ich weiß manchmal kaum, wie wir hier Entlastung schaffen können.
Zum Abschluss wollen wir aber noch mal zusammen lachen, oder? Das war doch alles nachdenklich genug heute! We listen and we don’t judge! Mein Mantra für alle Eltern in 2025! Danke, Caro und Ben für den herzlichen Lacher!
Noch 2x beim Sand Advent-Special abstauben
Ja, richtig gelesen! Noch zwei Mal habt ihr bis Weihnachten die Chance, beim SAND Advent-Special zu gewinnen! Aktuell warten die pastellfarbenen Stapelstein Elemente auf glückliche Neubesitzer*innen und am Sonntag habt ihr die Chance auf ein Jahresabo Leseboxen vom Sailer Verlag!
Hier entlang zum aktuellen Gewinnspiel
Bleibt uns nur noch eines zu sagen …
Frohe Festtage und erholsame Feiertage! Wie, mit wem und wo auch immer ihr die kommenden Tage begeht und auch, wenn ihr keine Weihnachten feiert, hoffen wir, dass ihr das Jahr positiv abschließen und in den letzten Tagen von 2024 noch zur Ruhe kommen könnt. Wir danken euch für alles! 2024 war unser SAND-Jahr und ohne euch wäre das nicht möglich gewesen! Wir sind dankbar für jede*n einzelne*n Leser*in und bedanken uns für euren Support. Das bedeutet uns die Welt. Wir gönnen uns eine Auszeit und sehen uns am 22. Januar wieder. Bis dahin drücken wir euch und wünschen euch nur das Allerbeste!
Franzi & Lisa <3
Habt ihr Input, Fragen, Ideen? Schreibt uns auf Instagram oder per Mail an hello@allessand.de!
Ich fühle jedes Wort!