Wochenbett – zwischen Glücksrausch und Tränenmeer
Jedes Wochenbett ist so individuell wie wir. Trotzdem sind die Erwartungen daran oft mit Druck verbunden – an uns selbst, aber auch von außen. Bereit für eine Runde in Franzis Gedankenkarussell?
Unser SAND-Status seit der letzten Ausgabe:
Notbetreuung: Bei Lisa ZUM GLÜCK keine, bei Franzi konnten die Großeltern die verkürzten Kitatage überbrücken. Yay.
Nervenzusammenbrüche: Die letzten Wochen haben uns oft überfordert und Tränen sind geflossen, aber Nervenzusammenbrüche konnten wir umgehen.
SAND Zuhause: Ausreichend in den Augen, nicht in Betten oder Sofaritzen.

Als Lisa und ich vor ein paar Wochen darüber gesprochen haben, dass ich über mein bevorstehendes und das vergangene Wochenbett schreibe, fuhren meine Gedanken und Gefühle Achterbahn. Sätze wie „Oh mein Gott, es sind ja nur noch acht Wochen bis zur Geburt.“ oder „Ist das Thema bei dem jetzigen Weltgeschehen und den anstehenden Wahlen nicht zu belanglos?“, kreisten durch meinen Kopf. Aber Lisa und auch ihr habt mir aufgezeigt, dass ich Überlegungen und Lebensrealitäten zwar nicht ausblenden kann, sie aber gleichzeitig stattfinden können. Deswegen hereinspaziert, ich öffne jetzt meine Schlafzimmertür für euch und spendiere euch eine Fahrt in meinem Gedankenkarussell.
Von den Gedanken zur bevorstehenden Geburt …
Wenn ich den Begriff Wochenbett bei ChatGPT eingebe, spuckt es mir folgende Definition aus: „Das Wochenbett bezeichnet die Zeit unmittelbar nach der Geburt eines Kindes, in der sich der Körper der Mutter von Schwangerschaft und Geburt erholt. Es dauert in der Regel sechs bis acht Wochen und umfasst sowohl körperliche als auch emotionale Veränderungen. Zudem dient das Wochenbett der Mutter-Kind-Bindung und der Anpassung an die neue Familiensituation.“ Während ich diese Zeilen mehrmals lese verspüre ich, verglichen mit damals bei Pippa, nur noch einen leichten Druck. Ich blende, knapp acht Wochen davor, meine bevorstehende Geburt aus, da ich diesmal weiß, dass wir sie nicht wirklich planen können. Klar, ein Geburtsplan kann Sicherheit geben. Mich versichert aber mehr noch das Setting: Meine Beleghebamme und Hannes an meiner Seite zu wissen. Und die Tatsache, dass die Betreuung für Pippa in der heißen Phase (die zwischen zwei und 36 Stunden liegen kann) geregelt ist. Fehlen nur noch meine Lieblingssnacks. Die variieren aber gerade von Woche zu Woche. Alles andere kann ich mir wünschen, aber nicht planen.
… fast forward ins Wochenbett
Also schlüpfe ich mit euch direkt ins Wochenbett. Hier kann ich fast alles vorab planen, was mir persönlich viel Ruhe gibt. Mein Wochenbett mit Pippa ist kanpp zwei Jahre her. Die erste Woche haben wir komplett auf der Wöchnerinnenstation und der Neonatologie des Krankenhauses verbracht, da wir uns beide nach dem Sprung der Fruchtblase eine ordentliche Infektion eingefangen hatten. Ich konnte es kaum erwarten nach einer Woche auf Station die frische Winterluft zu spüren und den ersten Spaziergang zu unternehmen. Letzterer war kurz und dennoch zu weit für meine Geburtsverletzungen, so dass ich eine weitere Woche das Bett bzw. die Wohnung hüten musste. Das fiel mir schwer, denn, ja, ich liege gerne im Bett. Ich schaue hier Filme und Serien über mein Handy (das kleinsten Kino der Welt!) und esse hier auch mal. Aber ich liebe es einfach, draußen zu sein. Erst recht, wenn die Sonne scheint. Deswegen haben wir auch schon in der offiziellen Wochenbettzeit die ersten kleinen und größeren Ausflüge unternommen. Einfach, weil es uns allen gut tat und wir unseren Gefühlen gefolgt sind. Was vor allem auch mir in den ersten Wochen nach der Geburt von Pippa sehr geholfen hat: Hannes hat am Morgen eine Stillschicht mit abgepumpter Milch übernommen, so dass ich vier Stunden durchschlafen konnte, die sich angefühlt haben wie acht Stunden. Und um ehrlich zu sein: Das Abpumpen und ich sind keine Freundinnen geworden und nach etwa drei oder vier Wochen haben wir auf Pre-Milch gesetzt, wenn ich nicht abpumpen oder auch stillen konnte, weil die Schmerzen nicht auszuhalten waren. Obwohl hier die wenigsten Personen in unserem Umfeld unserer Meinung waren, hat das System super für uns funktioniert. Genau das finde ich wichtig: Gestaltet das Wochenbett und auch die Zeit mit eurem Neugeborenen genau so, wie ihr es braucht und sich für euch gut anfühlt.
So harmonisch, wie das hier alles gerade klingt, war aber mein erstes Wochenbett nicht. Wir hatten viele Ups und Downs. Wir haben uns in der ersten Nacht zuhause sogar erst einmal ziemlich gestritten, da sowohl ich als auch Hannes komplett andere Vorstellungen davon hatten, wie wir die ersten Wochen zu dritt bestreiten wollten. Ich dachte zum Beispiel, dass mir Hannes jeden Morgen Frühstück ans Bett bringen würde und mir jeden Wunsch sofort, und damit meine ich wirklich sofort, erfüllt. Davon wusste er natürlich nichts – nun, bis zu unserem großen Streit. Danach haben wir uns aber glücklicherweise sehr gut eingegroovt und das erste Mal seit Ewigkeiten wieder Sushi mit rohem Fisch bestellt.
Wusstet ihr, dass Hasen nur einen Monat schwanger sind, bevor die Geburt ansteht? Wie schaffen sie das bitte mental? Am längsten sind in der Tierwelt übrigens Elefanten mit zwei Jahren schwanger. Wow!
Vor der ersten Geburt und auch vor dem ersten Wochenbett habe ich viel nachgedacht und lange wach gelegen, weil ich keine Vorstellung davon hatte, was mich erwartet. Alles war komplett neu. Vor meinem zweiten Wochenbett sind es keine Gedanken, sondern vielmehr Überlegungen. Sind mein Kopf und mein Körper überhaupt schon bereit für ein zweites Kind? Die zweite Schwangerschaft kam so schnell und unerwartet. Natürlich sollte ich 24/7 dankbar dafür sein. Gerade bei unserem langen Kinderwunschweg und weil ich mir dessen bewusst bin, dass auch nicht allen Personen aus so unterschiedlichen Gründen ein weiterer Kinderwunsch erfüllt wird. Aber ich mich treibt die Frage, ob ich Pippas Bedürfnissen noch gerecht werden kann, wenn wir zu viert sind, schon um. Und wie werden wir das mit der Vereinbarkeit wuppen? Wächst dann unser Dorf oder verkrümeln sich einzelne, weil es auch ihnen zu viel wird? Wie verändert sich unsere Beziehung als Paar? Schaffen wir es auch weiterhin noch auf Date Nights zu gehen, wenn wir zwei Kinder bei der Familie oder Freund*innen „parken“ möchten?
Ich habe Pläne, aber der Körper hat schon auf die Bremse getreten
Das hat sich bei Pippa irgendwie leichter angefühlt – wie Skifahren mit zehn statt mit 40 Jahren. Manchmal vergleiche ich es für mich auch mit der Torschusspanik vor der Hochzeit. Wird die Leichtigkeit irgendwann wieder die Grübeleien, Ängste und auch die Müdigkeit überholen? Gerade in den letzten Wochen fühlten waren meine Augenlider schwer wie Beton. Dabei möchte ich noch so viel unternehmen und erledigen (ich lasse euch später an meiner Liste teilhaben), wenn der Mutterschutz startet. Vor allem, weil die Übelkeit am Morgen nach fast sieben Monaten nicht mehr an der Tür klopft. Aber ich merke, dass mein Körper inzwischen einen ganz anderen Modus eingeschaltet hat, den ich mit dem Gefühl kurz vor Pippas Geburt vergleichen kann: Er bremst mich, lässt mich herunterfahren, zur Ruhe kommen und mich auf die Couch kriechen, anstatt auf Events oder Verabredungen am Abend.

Seit der letzten Woche habe ich es angenommen. An diesen Punkt zu kommen, war kein leichter Prozess. Als ich am Mittwochabend allein im Auto gefahren bin, mir Taylor Swift lauthals „It's me, hi, I'm the problem, it's me. At tea time, everybody agrees“ ins Ohr trällerte und ich unter Tränen mitsang, wusste ich, dass ich überfordert bin uns nur selbst etwas ändern kann. Diese Erkenntnis zu haben und anzunehmen war sehr befreiend und hat mir zum Wochenende auch einen großen Teil meiner inneren Ruhe zurückgegeben. Wochenbett (und Geburt), here I come.
TopTipp – meine drei Listen rund um Geburt und Wochenbett
Ich liebe Listen. Sie beruhigen mich und ich empfinde es als sehr befriedigend, wenn ich Aufgaben wegstreichen kann. Heute teile ich meine Liste mit allem, was ich vor der Geburt noch erledigen möchte, was ich für was Wochenbett und in Sachen Erstaustattung unbedingt brauche. Außerdem verrate ich euch ganz offen und ehrlich, was ich mit dem Wissen der ersten Geburt getrost von meiner Liste gestrichen habe.
#1 To Dos vor der Geburt
Ganz klar: Bewusste Zeit mit Pippa und Hannes einplanen. In unserem Fall mit einem letzten kleinen Urlaub zu dritt und einem Familienshooting im März mit Luise.
Ich würde gerne noch die Fotoalben von den Schwangerschaften (OK, von Pippa gibt es mehr Bilder als von dieser Schwangerschaft) und Pippas erstem Lebensjahr fertigstellen.
Das muss leider sein: Wir müssen noch alle Unterlagen für die Geburtsurkunde, das Kindergeld, die Krankenkasse und sonstigen Behördenkram zusammensuchen. Und endlich die Steuererklärung für 2023 fertig machen. Ah!
Worauf ich mich sehr freue, ist mein Blessing Way Anfang März mit meinen engsten Freund*innen, die zum Teil von ganz weit anreisen. Mein erstes Blessing Way war wirklich magisch und ich bin mir sicher, dass uns allen auch das zweite sehr viel Kraft geben wird.
Ich würde gerne noch ein kleines DIY-Projekt beginnen und auch beenden – etwa Buchstaben für die Zimmertüren für die Kinder aus Keramik formen und bemalen, die Badfliesen streichen oder ein Puzzle machen (ich habe mir dafür wirklich noch eine Puzzelmatte bestellt).
Ich möchte mir noch ganz konkrete Dinge gönnen: eine Schwangerschaftsmassage, eine Açaí-Bowl in der Sonne in der Juicery (seitdem wir im Süden und außerhalb vom Berliner S-Bahn-Ring wohnen, gibt es keine fancy Läden mehr in Laufnähe) und eine Pediküre kurz vor der Geburt. Richtiger Girlsstuff, I know. Aber es muss sein und ich hätte gerne alle am liebsten in genau dieser Reihenfolge. Wer ist dabei?
Das Buch „Geschwister als Team“ wurde uns so oft empfohlen. Ich habe es schon hier liegen und würde es gerne noch im Mutterschutz lesen.
Ich habe bereits alle fehlende Produkte für meine Kliniktasche, mein Wochenbett und die Erstausstattung bestellt. Da es mich vor allem zeitlich entlastet, erledige ich das fast alles online. Dazu gleich noch mehr.
#2 Meine Must-Haves für Kliniktasche, Wochenbett und Erstausstattung
Da die beiden Kids nur knapp zwei Jahre trennen werden, ist unsere Liste für die Erstausstattung glücklicherweise nicht so lang. Von Pippa haben wir noch fast alles aufgehoben und für das Wochenbett kaufe ich vor allem die Dinge, die mir vor zwei Jahren sehr geholfen haben.
Schon mit Pippa habe ich die Produkte von Löwenzahn Organics kennen und lieben gelernt. Vor allem die Bio Energy Balls für Stillende liebe ich. Hier gibt es seit diesem Jahr übrigens nicht nur eine neue Verpackung, sondern auch neue Sorten wie Mango und Schoko. Außerdem mag ich die Bio Bone Broth für das Wochenbett sehr und habe mir schon einen kleinen Vorrat angelegt.
Von einem Tripp Trapp Stuhl von Stokke habe ich schon geträumt, als unsere Kinderwunschreise began. Die Idee, dass es einen Stuhl gibt, der mit der Familie mitwächst und somit Geschichten erzählen kann, hat mich fasziniert. Für Pippa haben wir einen Tripp Trapp von unseren besten Freund*innen zur Geburt geschenkt bekommen und auch für den Kleinen steht er in der Farbe Glacier Green auf unserer Wunschliste ganz oben. Der Newborn Aufsatz hat es bei Pippa ermöglicht, sie mit ins Bad zu nehmen, als ich fix geduscht habe oder mit in die Küche beim Kochen. Und im Baby Set sitzt sie noch bis heute. Wusstet ihr, dass sogar größere Kinder und auch Erwachsene den Tripp Trapp super als Schreibtischstuhl nutzen können?
Ein weiterer Gamechanger in den ersten Monaten war auch eine Federwiege. Damals eine Leihgabe von Freund*innen. Pippa hat sie geliebt und so konnten wir auch tagsüber mal kurz die Augen schließen oder in Ruhe eine neue Folge vom ZDF Herzkino schauen. Damals noch brandneu und mir unbekannt: Lottili. Gegründet wurde Lottili 2021 von Theresa und ihrem Mann Alexander in Berlin. Die Idee kam ihnen nach der Geburt ihrer ersten Tochter Charlotte, die ein High-Need Baby war. Eine Federwiege war das Einzige, das ihr half, zur Ruhe zu kommen. Diese Erfahrung war so prägend, dass sie beschlossen, eine eigene, verbesserte Federwiege zu entwickeln, um auch anderen Eltern in ähnlichen Situationen zu helfen. Unser Tipp: Die Federwiegen von Lottili könnt ihr auch mieten und (yay!) mit dem Code SAND15 bekommt ihr 15 Euro Rabatt auf eine Bestellung.
Außerdem auf meiner Liste für das Wochenbett stehen Retterspitz und das Sitzbad und das Wochenbettbauchmassageöl der Bahnhof Apotheke. Außerdem diverse Augenpads (hier probiere ich mich gerne durch, diese finde ich aktuell sehr gut), Silberhütchen, wenn es wieder mit dem Stillen klappt (ich hoffe, die ersten sechs Wochen werden nicht so schlimm wie bei Pippa). Und, Butter bei die Fische: Wöchnerinnenvorlagen ohne Plastik bei einer vaginalen Geburt. Diese Franzi-Must-Haves packe ich auch schon in meine Kliniktasche.
Für die Erstausstattung brauchen wir noch Schlafsäcke, eine Wippe und Wärmelampe – das kaufen wir gebraucht bei Vinted oder Kleinanzeigen oder leihen es von Freund*innen. Was wir noch von Pippa haben, aber für sehr gut empfunden haben, sind ein Windelabo (zum Beispiel von Lillydoo), ein Nestchen mit Henkel, das man überall in der Wohnung mit hinnehmen kann. Und eine Trage. Hier haben wir aktuell eine atmungsaktive von Ergobaby, aber die von Flybaby oder Hugify finde ich durch dein breiten Gurt an den Schultern auch super.
#3 Was ich mit der zweiten Geburt streiche
Und warum? – Ein Thema und zwei Perspektiven: Drei Fragen an Annika und Charlotte zu ihrem Wochenbett
Vor ein paar Wochen haben wir bei Instagram eine Story von Charlotte entdeckt, die uns zum Nachdenken gebracht hat. Sie hat ganz offen kritisiert, wie sehr sie Bilder vom perfekten Wochenbett mit tollem Essen und dem Tipp, so lange wie möglich im Bett zu bleiben, unter Druck gesetzt haben. Charlotte Schieler ist 36 Jahre alt und lebt seit knapp 11 Jahren in ihrer Wahlheimat Berlin. Ursprünglich hat sie unter ihrem Künstlernamen „Charlotte Giers“ ihre Karriere als Sängerin & Songwriterin vorangetrieben. Mittlerweile ist sie Mutter von zwei kleinen Töchtern, arbeitet als Rechtsanwältin im IT & Datenschutzrecht und gibt auf Instagram, in ihrem Podcast „Milch & Money“ und auf YouTube Einblicke in ihr Leben und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Charlotte hat ihr Wochenbett ganz eigen verbracht und die Zeit vor allem bei ihrem zweiten Kind so gestaltet, wie es sich für sie gut angefühlt hat. Das wollten wir natürlich genauer wissen.
Genauso wie wir mehr über das Wochenbett aus dem Blick einer Person erfahren wollten, die als Doula die Zeit im Wochenbett manifestiert: Annika Brix ist Unternehmerin 2-fache Mama und Doula mit einer tiefen Leidenschaft für die Begleitung von Gebärenden, Müttern und Familien in den sensibelsten und kraftvollsten Momenten ihres Lebens. Ihr Mission ist es, Mütter und ihre Partner*innen zu befähigen, ihre eigene Kraft zu erkennen und ihren individuellen Weg in die Elternschaft mit Zuversicht zu gehen.
Aber lest selbst.
Wie hast du dein Wochenbett bei den beiden Kindern gestaltet?
Annika
Im Wochenbett mit meinem ersten Sohn begann meine Auseinandersetzung mit der großen Transformation, die das Mutter- und Elternwerden mit sich bringt. Ich habe mir Zeit für Ruhe, Erholung und innige Momente mit meinem Baby genommen – kuschelnd im Bett und begleitet von leichten Serien wie Downton Abbey. Meine Doula war mir eine wertvolle Begleiterin, doch rückblickend hätte ich noch mehr und länger Unterstützung gebraucht. Eine Closing-the-bones Zeremonie schloss meine Zeit nach der Geburt mit einem heilenden Ritual ab.
Im zweiten Wochenbett zwang mich eine Organsenkung zur absoluten Schonung. Über 8 Wochen lang verbrachte ich viel Zeit liegend und war auf Hilfe angewiesen – eine herausfordernde, aber heilsame Zeit, getragen von meinem Dorf. Ich habe dadurch noch mehr verinnerlicht, dass nachhaltige Heilung Raum, Geduld und Fürsorge braucht – für Körper und Seele. Diese Selbsterfahrung trage ich in meiner Arbeit weiter.Charlotte
Meine erste Tochter kam im März 2021 auf die Welt. Wir befanden uns mitten in einem Lockdown. Das Wochenbett habe ich als sehr ruhig und schön in Erinnerung. Das lag aber sicher auch daran, dass die gesamte Welt ziemlich still stand. Insoweit gab es also weder von Außen noch Innen irgendwelche großen Erwartungen oder Druck. Meine Hebamme war super zufrieden und wurde schnell nicht mehr gebraucht. Auch konnten wir nur limitiert Besuch empfangen. Ich habe dieses erste Wochenbett sehr genossen, auch weil es mir und meiner Tochter nach der Geburt sehr gut ging. Wir haben viel gekuschelt, geschmust und geschlafen. Ich bin aber jeden Tag ganz normal aufgestanden, habe mich geduscht und mich fertig gemacht, also auch geschminkt. Einfach, weil ich das gern für mich selbst mache. Ich habe auch immer am Tisch gesessen und dort gegessen. Es gibt da ja schon bei Instagram eine Community, die vorlebt, dass man im Wochenbett alles im Bett machen soll. Ich habe aber noch nie in meinem Leben im Bett gegessen und verstehe auch null, was daran schön sein soll. Ich habe auch bereits nach einigen Tagen erste kleinere Spaziergänge unternommen. Nachdem der Lockdown im April gelockert wurde, haben wir nach vier Wochen das Wochenbett quasi beendet und haben mit dem Auto eine große Deutschlandtour gemacht und unser Baby der ganzen Familie vorgestellt. Das hat uns Spaß gemacht und mir gut getan wieder rauszukommen.
Bei meiner zweiten Tochter war es ganz anders. Da hat mich die Geburt, obwohl sie nach dem ET lag, sehr überrumpelt, weil zwischen der ersten Wehe und dem Kind auf meinem Bauch keine zwei Stunden lagen und ich völlig von meinem scheinbar fehlendem Körpergefühl für die Geburt überrascht war. Zu Hause war mit einem Kleinkind an der Seite mehr Trubel, obwohl ich tolle familiäre Unterstützung hatte. Trotzdem war ich schnell auf mich allein gestellt. Nur sechs Tage nach der Geburt war ich erstmals zwei Nächte alleine mit den Kindern, weil mein Mann beruflich unterwegs war. Das hat sich in den ersten Wochen mehrmals wiederholt und ich war mit der Situation und zwei Kindern alleine im Wochenbett völlig überfordert und hab mich unendlich alleine und einsam gefühlt. Gleichzeitig hat die sehr schnelle Geburt leider auch eine Wochenbettdepression gefördert, die mich in den ersten Monaten sehr stark im Griff hatte. Ich hatte im Wochenbett dieses Mal eine andere Hebamme, von der ich mich sehr kontrolliert gefühlt habe. Sie kam teilweise 20-30 Min früher als vereinbart und wenn ich dann nicht im Bett lag, gab es einen Spruch. Am Ende habe ich dann Zuhause quasi Requisiten nur für die Hebamme aufgebaut. Habe brav im Bett auf sie gewartet, hatte Essen auf dem Nachttisch stehen, um ihre Erwartungen zu erfüllen. Am Ende habe ich teilweise apathisch alleine im Bett gelegen mit dem Baby und an die Decke geschaut, weil ich ja nichts „machen durfte“ und durch meine Stimmungsschwankungen auch zu schwach war, um Widerstand zu leisten. Das war echt schrecklich.
Was hat dich unter Druck gesetzt, was hat dir geholfen und was würdest immer wieder so machen?
Annika
Unter Druck gesetzt hat mich die Versorgung meiner Beckenbodenprobleme, denn hier ist viel Eigeninitiative gefragt und - wie in meinem Fall - eine super vernetzte Hebamme so wichtig. Tolle Hilfe bekam ich so von einer Ärztin im Krankenhaus, privaten Beckenbodenphysiotherapeutinnen und meiner Osteopathin - für manche sind diese Leistungen aber nicht bezahlbar, das macht mich wütend.
Geholfen hat mir: Annahme, Akzeptanz, Loslassen - das gilt für viele Situationen im Wochenbett: Annehmen, wie die Situation ist und alle Emotionen fühlen. Akzeptieren, sich orientieren und Optionen für die aktuelle Lage schaffen, gerne auch mit externer Hilfe. Loslassen von Erwartungen und Vorstellungen, die nicht eingetroffen sind, oder nicht mehr passen.
Das mache ich immer wieder so (und bis heute):
Ich lege immer mal wieder kleine „Mini-Wochenbett“ Tage ein: An diesen Tagen habe ich keine Termine, lege mich bei den Naps mit hin, esse nährende, warme Gerichte und bin sehr bewusst mit meinem Baby zusammen, bis der große Bruder aus der Kita abgeholt wird. Das hilft mir, mich im Alltag mit zwei Kindern weiter zu stärken und ich verankere noch mal bewusst die besondere Zeit im ersten Babyjahr, das mit zwei Kindern noch schneller verfliegt.
Von welchen Vorstellungen hast du dich beim 2. Kind gelöst?
Charlotte
Das kann ich gar nicht richtig beantworten, weil es bei mir irgendwie alles umgekehrt lief. Im ersten Wochenbett war durch den Lockdown eh nichts los und mein Mann deswegen trotz Arbeit die ganze Zeit Zuhause.
Das zweite Wochenbett fand dann erst unter „echten“ Lebensumständen statt und das war alles andere als gut. Bis zur Geburt lief alles gut mit meiner Beleghebamme. Nach der Geburt überraschte mich dann ihre Strenge und durch mein eigenes Gefühlschaos habe ich mich enorm unter Druck gefühlt so ein „Instagram“ Wochenbett mit perfektem Essen auf weißen Laken im Bett durchzuführen, obwohl ich dafür als jetzt Zweifachmama gar keine Zeit (und Muße) hatte.Annika
Ich habe eine völlig neue Idee davon entwickelt, wie wir Geschwistern einen tollen Rahmen zur Entwicklung einer innigen Beziehung bieten können. Gemeinsame Zeit zu priorisieren und dabei ihre Verbindung zu stärken, ist für mich heute so wichtig. Die Idee von sehr viel Exklusivzeit für das eine oder das andere Kind, habe ich losgelassen.
Ein riesengroßes Dankeschön an euch, Charlotte und Annika <3
Übrigens: Wenn ihr ab Mai 2025 eine Doula sucht, die euch mit Wärme, Wissen und Klarheit unterstützend zur Seite steht, könnt ihr euch an Annika per Mail (reflectingmotherhood@gmail.com) wenden.
Das Wochenbett Bullshit-Bingo!
Auf Instagram haben wir euch diese Woche gefragt, welche gut gemeinten Tipps rund um die Geburt und das Wochenbett euch zur Weißglut gebracht haben. Und hier sind sie!
Gelesen, gelikt und nachgedacht …
Nicht nur für Personen mit Kinderwagen hilfreich, sondern auch für Menschen mit Behinderung. Auf der Seite BROKEN LIFTS findet ihr heraus, welche Aufzüge im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg funktionieren und welche momentan außer Betrieb sind. Gibt es auch in eurer Region? Dann gerne teilen!
Erstmals entsteht eine medizinische Leitlinie zur Betreuung von Müttern und Neugeborenen im Wochenbett. Mother Hood e.V. ist Teil der Arbeitsgruppe und bringt die Elternperspektive ein. Ziel ist es, Fachkräften verschiedener Berufsgruppen Orientierung zu bieten und Eltern Informationen zur Wochenbettbetreuung bereitzustellen.
Letzten April hat ZEIT-Autorin Laura Ewert mit zwei Paaren gesprochen, wie sie mit ihren unterschiedlichen Kinderwünschen umgehen. Sehr lesenswert.
Mal ein Haushaltstipp, den wir uns bei Instagram abgespeichert haben. Denn vor allem im Wochenbett fließt und läuft es von überall:
Mit Deutschlandfunkkultur spricht Marie über ihre erste Geburt, die für sie zu einer Katastrophe wird und die sie erst später verarbeitet. Im Interview plädiert sie außerdem dafür, dass wir aufhören müssen, Geburten zu romantisieren.
Ihr braucht noch Geschenkideen zur Geburt? Eltern ohne Filtern hat Ideen aus der Community gesammelt. Auch ein Blick in die Kommentare lohnt sich für Inspirationen.
Und wenn ihr noch Geschenke als Dankeschön für Hebammen, Freund*innen, Nachbar*innen, der Familie oder euch selbst nach der Geburt sucht, haben wir in den kommenden Tagen ein paar Ideen auf Instagram für euch.
Kommende widmen wir uns der Bundestagswahl und wie wir es als Eltern schaffen können, unsere Kinder an dieses so wichtige Thema heranzuführen und sie mit einzubeziehen.
Habt ihr Input, Fragen, Ideen? Schreibt uns auf Instagram oder per Mail an hello@allessand.de!
Ich hatte im Wochenbett die Produkte und auch die App von the weeks, war irgendwie ein krasser Gamechanger für mich. Also mir so richtig was nur für mich zu gönnen. Hoffe ihr startet gut!